
Am 12. Juni wurde im Blog Personalblogger der Artikel Niemals geht man so ganz – Boomerang Recruiting als Lösung des „Fachkräftemangels“? veröffentlicht. Darin beschreibt der Autor Alexander Hohaus ein Programm im Unternehmen, um ehemalige Kollegen nach knapp 2 bis 3 Jahren zurück zu holen. Dabei erläuterte er die Vor- und Nachteile dieser Methode. Er kommt er zu dem Schluss, dass die Kontaktpflege vom entsprechenden Unternehmen nur gewollt sein muss. Dazu ein Kommentar von Dr. Johannes Terhalle:
Etwas vereinfachend gesagt ist es durchaus oft so, dass man sich für ein Unternehmen entscheidet wenn man kommt und gegen eine Führungskraft, wenn man kündigt und geht. Was machen Unternehmen an diesem Punkt, um aus dem Weggang zu lernen oder evtl. den oder die Mitarbeiterin in der Zukunft wieder zurückzugewinnen. Gibt es in Unternehmen systematisch Exit-Interviews aus denen das Unternehmen lernen könnte? Hand aufs Herz - selten und systematisch schon gar nicht.
Ein sehr kluger Unternehmer mit einer großen Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungskanzlei, der das Unternehmen von Null auf über 100 MA ausgebaut hat, berichtete mir einmal folgendes: Sein Unternehmen müsse sich stetig mit dem Markt entwickeln und damit verändern, meinte er. Wenn dann – wie es vorkommt - eine langjährige Fachkraft sich dem vom Unternehmer gewünschten Wandel verweigert und den Wandel (mental) nicht wirklich mittragen möchte, bietet der Unternehmer der Fachkraft an, sich als Steuerberater mit eigenem Büro in der Region komplett selbstständig zu machen. Einzige Vorausetzung: Es gab nur fachliche Meinungsunterschiede, nicht aber persönliche Konflikte.
Dem neuen Steuerberatungsbüro bot er vertraglich zugesichert eine 50% Auslastung für 6 Monate an und eine anschließende 25%-Auslastung für weitere 12 Monate. Sein Ziel war es aber nicht etwa die Leute loszuwerden, sondern sie zu HALTEN. Der/die Ex-Mitarbeiter sollten so den rauen Marktwind erleben, sich akquisitorisch schulen und ganzheitliche Verantwortung übernehmen lernen. Sein eigentliches Ziel war es dabei eben, die Person nach ihrer Begegnung mit der „Wirklichkeit draußen“ wieder ins Unternehmen zurückzuholen / zurückzugewinnen. Das seien dann anschließend seine besten Leute, meinte er.
Man könnte das auch externes Jobenlargement nennen.
So etwas gab es auch schon früher. Beispielsweise gingen früher die Gesellen auf die Walz, nachdem sie im Betrieb ausgelernt hatten und sich dort nicht mehr weiterentwickeln konnten. In der Walz sammelten sie die verschiedenen Innovationen anderer Meister und fanden anschließend den Weg in die Heimatstadt zurück oder aber sie heirateten an einem anderem Ort in eine bestehende Werkstatt ein. Der dortige Meister hatte die Zunftzulassung der Stadt und damit den lokalen Markt, der junge Schwiegersohn brachte die Innovation und das aktuelle Technologiewissen mit und sicherte damit die Zukunft des Betriebs. Ein klassisches Win-Win.
Übertragen auf Unternehmen: Es gibt immer wieder Vorschläge ein Boomerang-Recruiting durch aktives Kontakthalten zu Ehemaligen aufzusetzen. Tatsächlich handelt es sich hier aber weniger um eine operativ-organisatorische Frage. Es ist ganz eindeutig auch eine kulturelle Frage. Denn – anknüpfend an mein Eingangsstatement - man verlässt das Unternehmen oft wegen einer Führungskraft, oder wegen einer schlechten Führungskultur oder schlechten Unternehmenskultur insgesamt, oder man geht, wegen der Lehmschicht, die eine gewünschte Weiterentwicklung hemmt. Damit jemand zurückkommt, muss sich deshalb aus unserer Sicht zunächst oft auch etwas im Unternehmen selbst verändern. Sonst wird es womöglich nicht passen.