Standpunkt: Karriere als Bekenntnis zu Verantwortung

Standpunkt: Karriere als Bekenntnis zu Verantwortung

Am 27.8.12 erschien im Spiegel der Artikel „Generation Y und Karriere“. Dort wurde berichtet, dass bei 59% der Generation Y der Wunsch nach Karriere eher abgenommen hat; dahingegen ist der Wunsch nach „echter Work-Life-Balance“ bei 80% stark ausgeprägt.

Zur „Generation Y“ (oder „Millenials“ oder „Digital Natives“) gehört laut Soziologen diejenige Bevölkerungskohorte, deren Mitglieder um das Jahr 2000 herum zu den Teenagern zählten. Sie gelten damit als Nachfolgegeneration der Baby-Boomer und der Generation X.
Auf Wikipedia findet man u.a. die soziologische Charakterisierung, dass Millennials lieber in virtuellen Teams anstatt in tiefen Hierarchien arbeiten. Die Millennials sind optimistisch und selbstbewusst und haben wenig Vertrauen in die Regierung, weshalb sie sich durch passiven Widerstand aktiv ins politische Geschehen einbringen. Ein Beispiel dafür ist die Occupy Wall Street-Bewegung, wodurch sich die moderne Organisation der Generation Y abzeichnete. 

Offensichtlich ist Karriere „out“?

Aus meiner Sicht gehört zu einem selbstbestimmten aufgeklärten Leben das Streben, sein Potential zu entwickeln und sein Umfeld entsprechend der eigenen Möglichkeiten zu bereichern und voran zu bringen. Es geht um Selbstverantwortung. Wer die globalen Probleme lösen will, verzweifelt leicht und hat immer eine Ausrede. Die Lösung liegt aber ganz nah: Nämlich in dem verantwortlichen Handeln von jedem selbst. Dazu braucht man Mut. Dazu braucht man Selbstbewusstsein. Dazu braucht man Integrität.

Mir scheint der Begriff „Work-Life-Balance“ tatsächlich sogar mittlerweile eher schädlich, weil er „Work“ als Gegenpol zu „Life“ stellt und damit schwarz-weiß malt. Eine versöhnliche Vorstellung von Arbeit als selbstverständlicher Teil des Lebens wäre hilfreicher. Arbeit bietet so viel, wenn man sie als „Berufung“ versteht. Arbeit ist der natürliche Ort der Selbstverwirklichung von Ideen in größerem Maßstab: Hier kann man mit einer Organisation Ideen generieren, investieren, Produkte und Dienstleistungen schaffen, die Zukunft mitgestalten.

Die Ursache für die Ablehnung von der institutionalisierten Verantwortung – also: Karriere – liegt hier:

Nachdem alle heißen und kalten Kriege beendet sind, alte politische Feindbilder überholt sind, die 68er-Ziele und die grünen Ideen in das Allgemeinverständnis eingegangen sind, Güter sich global bewegen und der Euro als höchstes akzeptiertes Ziel europäischer Einigung erreicht ist, hat sich die Wahrnehmung eingestellt, dass es aktuell nichts gibt, für das es sich in größerem Maße zu arbeiten oder zu kämpfen lohnt. Es fehlt offensichtlich an einem gesellschaftlichen Ziel.

Die Politik erlitt – gerechtfertigt oder nicht, aber in jedem Fall selbstverschuldet - einen Vertrauensverlust. Die Medien verlieren in ihrer Breite an Haltung und damit an Bedeutung.

Hat die Wirtschaft damit „gewonnen“? Zwar ist heute fast alles im Leben „ökonomisiert“, alles wird nach „Nutzen“ beurteilt. Dennoch bleibt der Eindruck, dass auch die Wirtschaft in ihrer Gesamtheit der Generation Y nichts zu bieten hat.

Die „Generation Y“ kann sich aber nicht dauerhaft vor ihrer Verantwortung drücken. Sie muss Wege finden, wie sie in die Verantwortung geht. Dazu braucht es Persönlichkeiten, die sich vom Zeitgeist emanzipieren, die integer sind und sich ihrer Verantwortung bewusst werden. Wenn man aber Verantwortung übernimmt und entsprechend handelt, dann macht man Karriere.

Es fehlen Führungspersönlichkeiten, die die nachwachsende Generation in dieser Richtung inspirieren. Es fehlen Sinnstifter! Was heute auch fehlt ist aus meiner Sicht „der große Gesellschaftsentwurf“, die einende Perspektive.

Es muss sich wieder lohnen Karriere zu machen! Es muss wieder anerkannt werden, wenn Menschen Verantwortung übernehmen und sich für das Gemeinwohl – sei es polititisch oder wirtschaftlich – einsetzen.

Vor uns liegen so große Aufgaben: Man denke nur an den demografischen Wandel, Umweltschutz, Mobilität, Nachhaltigkeit und Energiewende.

Dies sind nur ein paar sinnstiftende Themen, die von Politik, Medien und Wirtschaft endlich beherzt aufgegriffen und als Wachstumstreiber begriffen werden müssen.

Am Ende sollte es doch besser endlich heißen: „Hedonismus und Egoismus sind „out“!“

Aus unserem Blog

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