Deutschland ist ein dezentral organisiertes Land. Es besteht aus etwa 80 Großstädten mit über 100.000 Einwohnern und etwa 600 mittelgroßen Städte mit 20.000 - 100.000 Einwohnern. Diese liegen entweder wie Darmstadt in einer Metropolregion. Oder wie Bad Salzuflen, Bad Zwischenahn, Duderstadt, Ganzlin, Knesebeck, Ravensburg, Wolfertschwenden usw. im ländlichem Raum. Was verbindet diese idyllischen, in der Regel aber wenig bekannten, Stadtnamen? Hier gibt es bedeutende Hidden Champions!
Hidden Champions müssen sich mehr als früher darum bemühen, neue Mitarbeiter zu rekrutieren. Deshalb beginnen sie für ihre dezentrale Lage zu werben und argumentieren, warum es sich bei Ihnen so gut arbeiten und leben lässt. Sie bauen ihre regionalen Benefits aus und starten firmeneigene Einrichtungen vom Kindergarten über Schulgründungen bis zu neuen Appartements für junge Familien. Diese Unternehmen stellen sich den derzeitigen vier Megatrends: demographischer Wandel / geändertes Werteverständnis / technologische Entwicklung sowie Digitalisierung.
Tatsächlich stellt die demographische Veränderung vor allem die Firmen in der Region vor enorme Probleme. Denn die Forschung spricht hier längst von „Schrumpfungsprozessen“, von Landstrichen, die als „entvölkert“ gelten, von der „Entleerung des ländlichen Raumes“ und empfehlen einen „aktiven Schrumpfungsplan“. (Bundesamt für Bauwesen / Bertelsmann Stiftung / wegweiser-kommune / DIE WELT)
Starke und zukunftsorientierte mittelständische Unternehmen in der Region reagieren darauf und bemühen sich um ein regionales Gegengewicht dazu. Aber sie greifen zu kurz, wenn sie nur die Attraktivität des ländlichen Standortes aufgreifen und Aussagen zur Unternehmenskultur vor allem auf den Standort beziehen. Damit gehen sie von klassischen Biographien im Markt aus. Entweder soll der aus dem Ort kommende Mitarbeiter in der Region gehalten oder zurückgeholt (lebenslang) oder der städtische Hochschulabsolvent bewogen werden, in die Region zu ziehen (lebenslang). Dahinter stehen stets Modelle linearer Biographien. Diese sind jedoch von vorgestern und völlig unrealistisch. Sich auf diese beziehen heißt, dass hier Entscheider dem Wunsch der „Ähnlichkeit“ aufsitzen. Realistisch sind dagegen Mosaik-Biographien.
Mosaik-Biographien sind nicht standortfest
Mosaik-Biographien zeichnen sich durch Wandel in Tätigkeit und Ort aus. Natürlich beziehen regionale Champions viel Kraft, Identität und Willen aus ihrer Standortprägung. Der Herkunftsstandort ist der Unternehmensnabel, das Zentrum. Das Businessmodell des einen Standortes muss jedoch aufgegeben werden, es ist zu statisch. Zentrum und Peripherie müssen in Zukunft miteinander vernetzt interagieren. Das Zentrum ist dann z.B. Wolfertschwenden und als Peripherie dienen Satellitenbüros in großen Zentren wie Hamburg oder München oder gezielt an Orten, an denen Wettbewerbskonzerne sitzen. Wir haben diese Strategie einem Kunden empfohlen, und er hat sie mit Softwareentwicklungs-Büros in Berlin und in Mannheim – nahe an SAP – umgesetzt.
Hidden Champions schlagen Konzerne
Hidden Champions „verheben“ sich, wenn sie Mitarbeiter aus den Zentren an sich binden und in die Region holen wollen. Mit Satellitenbüros haben sie jedoch hervorragende Karten, ihre strukturellen und kulturellen Unternehmenspotentiale auszuspielen: kurze Entscheidungswege, Gestaltungsraum, Eigenverantwortung, Sinnhaftigkeit. Menschen, die es leid sind, fremdbestimmt in Konzernen zu arbeiten, wechseln gerne in die bessere Unternehmenskultur. So gelingt es, Top-Mitarbeiter anzusprechen und zu gewinnen, es sollte aber nicht zwingend mit einem Umzug in die regionale Provinz verbunden werden.
Wenn dann ein intensiver Austausch zwischen Zentrale und Satellit aufgebaut wird, wird es sogar möglich, dass Mitarbeiter wegen der familienbezogenen Vorteile für eine Zeit in die Region ziehen. Sicher nicht für immer (lebenslang). Bei einem Rückkehrwunsch in das großstädtische Ambiente müssen sie dazu nicht das Unternehmen verlassen.
Das gleiche gilt für die Mitarbeiter in der regional liegenden Zentrale. Bevor man hier manche (junge) Mitarbeiter an eine Metropole und dortige Arbeitgeber verliert, ist es besser, selbst einen Image-Standort in einer Metropole anzubieten. Da sich Mitarbeiter immer mehr in Richtung kulturstarker Unternehmen als Arbeitgeber orientieren - das gilt insbesondere für die Generation Y (geboren 1980 bis 2000) - haben Hidden Champions hier sehr gute Recruiting-Möglichkeiten.
(11.2015)