
In dem Artikel "Zur Belohnung an den Polarkreis" berichten Ulrich Friese und Christoph Ruhkamp in der F.A.Z. über verschiedene Maßnahmen zur Mitarbeitermotivation.
Es ist fast selbstverständlich, dass Unternehmen die eigenen Mitarbeiter vergünstigt an den eigenen Produkten partizipieren lassen. Deshalb erzeugt es vielleicht kurz Neidgefühle, dass Lufthanseaten stark rabattiert um die Welt fliegen dürfen, aber es ist eben erwartbar. So wie andere Unternehmen Autos oder Zeitungsabos vergeben. Das sind willkommene Begleiterscheinungen, aber keine Entscheidungsgründe für einen Arbeitgeber und auch keine Sondermotivationen.
Nachfolgend bewerten wir schlaglichtartig die verschiedenen Anreizsysteme. Am Ende steht eine klare Message.
Sonderprämien z.B. im Verkauf
Um die Mitarbeiter zu besonderen Leistungen zu motivieren, kommen Sonderzahlungen oder andere Anreize wie Sonderurlaub zum Einsatz.
Während einige meinen, dass dieser Anreiz vor allem an der Verkaufsfront funktioniert, sind wir der Ansicht, dass er nicht einmal dort funktioniert. Nehmen wir an, ein Unternehmen schreibt beispielsweise einen internen Verkaufswettbewerb aus: Die Erfahrung zeigt, dass die schlechtesten 20% der Verkäufer ihre Leistung richtig einschätzen können und es deshalb gar nicht erst versuchen. Die besten 20% sind - finanziell - meist eh satt bzw. sind auch deshalb sehr gute Performer, weil sie anders und gerade nicht nur über Geld motiviert sind. Diese besten haben diesen zusätzlichen Anreiz nicht nötig. Die "normalen Leistungsträger" fühlen sich durch die Prämie vielleicht kurz motiviert, erkennen irgendwann, dass sie doch nicht an die Auszeichnung kommen und lassen dann wieder nach.
Solche verkaufsfördernden Prämien haben keine bzw. sogar eher negative Auswirkung auf den Teamspirit und die Leistungsbereitschaft des einzelnen Mitarbeiters.
Variable Anteile am Gehalt
Dieses Instrument ist heute auch außerhalb des Vertriebs weit verbreitet. Wir kennen Unternehmen, die aber bewusst darauf verzichten und lieber ein marktgerechtes Fixgehalt zahlen, weil sie überzeugt sind, die Zusammenarbeit und das Sicherheitsgefühl der Mitarbeiter besser zu bedienen. Wir hörten auch von der Einstellung, dass ein variables Gehalt als "Mißtrauenszeichen gegenüber der Leistungsbereitschaft der Mitarbeiter" ausgelegt werden kann.
Dass übertrieben hohe variable Gehaltsbestandteile dazu führen können, eine nur kurzfristig orientierte Ergebniskosmetik zu betreiben, ist aus den Medien hinlänglich bekannt.
Als Personalberater teilen wir da die kritische Warnung von Reinhard Sprenger und Götz Werner, dass monetäre Anreizsysteme dazu führen, dass Mitarbeiter sich durch ihr normales Fixgehalt zu überhaupt nichts mehr verpflichtet fühlen und bei Ausbleiben des Bonus frustriert sind. Auch wenn die Gründe in ihnen liegen - dort suchen sie sie aber nicht.
Der eigentliche Kern der Zusammenarbeit, der Arbeitsvertrag (Mitdenken gegen Geld) mit seinem Fixgehalt, wird durch variable Gehaltsbestandteile aus unserer Sicht immer entwertet.
Überraschungsprämien als Gratifikation
Die Idee, Mitarbeiter, die etwas besonderes geleistet haben, z.B. mit einer Woche Sonderurlaub auf Mallorca zu beglücken, ist schon besser zu bewerten. Hier drückt der Unternehmer Dankbarkeit und Respekt für eine erbrachte Leistung aus. Dies ist definitiv eine schöne, authentische Geste.
Das Instrument ist aber gerade deshalb als ständiges Motivationsinstrument ungeeignet, weil es vom Überraschungsmoment lebt.
Wahre Motivation kommt von Innen
Wenn der im Artikel zitierte Professor Oswald Neuberger darauf verweist, dass die beste Motivation von Innen kommt, ist dem nur zuzustimmen!
Als Personalberater wissen wir, dass folgende Randbedingungen dazu führen, dass Mitarbeiter ihrem Arbeitgeber die Treue halten:
- Gegenseitiger Respekt (gute Unternehmenskultur),
- Sinnvolle Arbeit,
- Erleben von Teamgeist,
- Herausfordernde Ziele und
- Gemeinsamer Erfolg
Dass Unternehmen einem wachsenden Bedarf nach Balance zwischen Berufs- und Privatleben entsprechen, hat wiederum weniger mit Mitarbeitermotivation zu tun als mit Respekt. Dass Unternehmen hier z.T. eher getrieben und gezwungen auf die Marktumstände reagieren ist zu bedauern, weil nur proaktives gegenseitiges Verstehen und Unterstützen ein authentischer Ausdruck für eine gute Partnerschaft ist.
Eine fördernde Unternehmenskultur: Ein kleines und ein großes Beispiel
Dass dauerhafte Beglückung auch von kleinen Ideen ausgehen kann zeigte uns kürzlich das Beispiel einer Betriebsfahrradregelung. Das Gesetz erlaubt, dass Unternehmen - analog zu Autos - Fahrräder anschaffen und diese privat mitgenutzt werden, wenn sie für 1% des Neuwerts privat versteuert werden. In Zeiten von Elektrorädern ist das höchst attraktiv.
Darüber kommt der Mitarbeiter sich nicht "gekauft" vor (die Aufwendung seitens des Unternehmens ist denkbar gering), der Arbeitgeber unterstützt ihn jeden Tag bei seiner Fitness. Es ist ein persönlicher, dauerhafter und durchaus im Sinne des Zeitgeistes sinnvoller Beitrag für den Umweltschutz. Das Unternehmen handelt authentisch und gewinnt Sympathiepunkte.
Ideal ist es doch, wenn die Mitarbeiter sich mit dem Unternehmen identifizieren, mitdenken und ihr geistiges Potential derart einbringen, dass es das Unternehmen voran bringt. Daran muss sich jede Maßnahme orientieren und messen lassen.
Für mich persönlich ist deshalb immer noch dieses Beispiel von Jack Welch großartig: Jene Mitarbeiter, die sich besonders hervorgetan haben, erhalten zusätzliche Schulungsmaßnahmen vom Unternehmen. (Im Beispiel: Nicht jene, die gerne mal früh Golf spielen gehen wollen.)
Diese Mitarbeiter erhalten dann die Möglichkeit, ihre Projekte anschließend der Geschäftsführung zu präsentieren. Diese Möglichkeit zum Sparring mit Entscheidern, diese zusätzliche Möglichkeit der Aufmerksamkeit, motiviert die beteiligten Personen und nützt dem Unternehmen.