Thema "Vertrauen"
Vertrauen ist "akzeptierte Verletzlichkeit“, um gemeinsam mehr erreichen zu können. Nur weil wir in der Evolution als Spezies Mechanismen entwickelt haben, die uns ermöglichen, den Kreis derjenigen, denen wir situativ Vertrauen schenken können, nahezu unbegrenzt zu erweitern, konnten wir die aktuelle Dominanz auf unserem Planeten erreichen.
Moderne Organisationen machen sich Vertrauen zunutze, um durch die Dezentralisierung von Entscheidungsmacht flexibel auf Markt- und Umweltanforderungen aller Art reagieren zu können. Damit ist Vertrauen jedoch gleichzeitig auch ihre Achillesferse und eine Vertrauenskrise kann ganze Gesellschaften in existentielle Gefahr bringen. Querdenkerbewegung oder Börsencrashs sind dafür auch Beispiele. Für Unternehmen ist es daher nur konsequent, das Maß an Vertrauen in die Führung kontinuierlich zu messen, um bei Bedarf rasch und entschieden gegensteuern zu können.
Ein aktuelles Praxisbeispiel
In einem konkreten Beratungsauftrag dieses Frühjahrs - ein international agierender Premiumanbieter aus der Automotive-Branche - befand man sich das Unternehmen in einer langfristig geplanten strategischen Neuausrichtung, um im strukturellen Wandel dieses Industriezweigs weiterhin eine führende Position einnehmen zu können. Der Veränderungsprozess mit personellen Veränderungen in der Führung sowie größeren Umstrukturierungen war in vollem Gange, als die Pandemie das Unternehmen vor zusätzliche Herausforderungen stellte und weitere Einschnitte nötig machte. In dieser Situation offenbarten die regelmäßig durchgeführten Mitarbeiterbefragungen Defizite bei dem Thema „Vertrauen in die Führung“.
Gewählte Methodik und Vorgehen von Dr. Terhalle & Nagel
Unser Bereich Cultural Consulting und das Management des Unternehmens entschieden sich für eine Vorgehensweise, die es ermöglicht, die individuellen Gegebenheiten und die vielfältigen Ursachen für Vertrauensdefizite in den unterschiedlichen Unternehmensteilen differenziert abzubilden. Gemeinsam mit Dr. Terhalle & Nagel wurde dazu eine Online-Workshopserie unter dem Titel „Kommunikation und Vertrauen“ aufgesetzt, die jeweils von einem Führungsteam gemeinsam durchlaufen wurde. Als Ausgangsbasis für jede Workshopreihe dienten individuelle Werte-Assessments (Barrett Analytics). Diese erfassen neben der individuellen Sicht der Führungskraft auf die aktuelle und die für optimalen Erfolg gewünschte Kultur ihres Organisationsbereichs auch ihre eigenen, persönlichen Werte und erlauben daher tiefgehende Analysen und Einsichten.
Das Vorgehen umfasste Arbeits- und Transferaufgaben zwischen den Workshops, Impuls-Inputs und individuell auf die Gruppe zugeschnittene Übungen auf Basis erprobter Konzepte und neuester wissenschaftlicher Erkenntnisse zum Vertrauensaufbau. Dabei wurde größter Wert auf interaktive Zusammenarbeit innerhalb der einzelnen Sessions gelegt und verschiedene Aspekte des Themas Kommunikation und Vertrauen zu einem schlüssigen Gesamtbild verbunden. Die folgende Grafik verdeutlicht ein paar Grundgedanken zum Thema Vertrauen.
Vertrauen wird erst dadurch notwendig, dass man nicht wirklich sicher sein kann, was andere Personen in einer bestimmten Situation tun werden. So gesehen ist Vertrauen eine Brücke, die über Unsicherheit in der sozialen Interaktion hinweghilft. Ob wir einer Person in einer konkreten Situation Vertrauen schenken, hängt nach einem Konzept von Covey unter anderem von unserer Einschätzung ihres Charakters und ihrer für die aktuelle Situation relevanten Kompetenz ab.
Wer die eigene Vertrauenswürdigkeit gezielt fördern will, kann sich an den Werten orientieren, auf denen die vier Stützpfeiler dieser Vertrauensbrücke ruhen. So helfen zum Beispiel „Offenheit“ und „Transparenz“, Klarheit über die eigenen Absichten zu schaffen und damit charakterlich als vertrauenswürdig wahrgenommen zu werden. Und wer nicht nur Leistung zeigt, sondern auch an seiner Reputation arbeitet, wird mittelfristig dann als kompetent wahrgenommen, wenn er zusätzlich dafür sorgt, seine Fähigkeiten ständig auszubauen und auf dem neuesten Stand zu halten. Um die eigene Glaubwürdigkeit zu fördern und zu erhalten, müssen jedoch stets alle vier Stützpfeiler der Vertrauensbrücke als verlässlich wahrgenommen werden.
Am Anfang steht das Vertrauen in die eigene Person
Veränderungen in der Führung beginnen mit persönlicher Veränderung. Daher wurde in dem Projekt in folgenden Schritten vorgegangen:
- Vertrauen in die eigene Person fördern
- Vertrauen innerhalb des Führungsteams stärken
- Vertrauen in der Organisation stärken
Der letzte Punkt umfasste eine durchgängig oder end-to-end konfigurierte Vorgehensweise inklusive Präsentationsmaterial und Moderationstipps, welche die Teilnehmenden mit Ihren eigenen Teams durchführten. Zur Verstärkung der Nachhaltigkeit wurden darüber hinaus Trust-Teams aus je zwei Personen gebildet, die sich nach Abschluss der Workshop-Serie regelmäßig zu Gesprächen über die Wirksamkeit der individuell im Team angewandten Maßnahmen treffen.
Ergebnis und Nutzen für die Teilnehmenden und das Unternehmen
Zusammengefasst ergab sich für die Teilnehmenden folgender Nutzen:
- Bessere Selbsteinschätzung jedes Einzelnen und des Führungsteams untereinander als Gesamtes
- Die Glaubwürdigkeitswirkung von Führungsverhalten einschätzen, voraussehen und damit steuern zu können
- Auch in kritischen Situationen im eigenen Führungsbereich das Thema Vertrauen aktiv adressieren und stärken zu können
Wie so oft hängt die Wirksamkeit von Führungsmaßnahmen insbesondere davon ab, wie gut es den Teilnehmenden gelingt, das Gelernte unter Druck und im täglichen Arbeitsprozess mit Mitarbeitenden, Kunden und Lieferanten umzusetzen, die ihrerseits häufig an ihre eigenen Grenzen stoßen und entsprechend gestresst bis genervt auftreten. Besonderer Wert wurde deshalb darauf gelegt, die Auswirkungen von individuellem Stress und Machtgefällen auf Vertrauensverhältnisse stets mit zu berücksichtigen. Denn Machtgefälle erhöht die Unsicherheit und Stress bringt auf neuronaler Ebene wichtige Prozesse zum Erliegen, die für die Entstehung von Vertrauen notwendig sind.