
Hypothese: Unternehmen nutzen den Cultural Fit im Recruiting nicht, weil Ihnen Kenntnis und Instrumente hierzu fehlen.
Unternehmen formulierten in der jüngeren Vergangenheit immer wieder, dass der fehlende Cultural Fit bei der Einstellung wichtiger Funktionsträger zu beträchtlichen Spannungen und Kosten führen kann. Und es gibt zunehmend mehr (softwaregestützte) Ansätze im Markt, mit denen die Passung potenzieller Bewerber hinsichtlich ihres Cultural Fit zum Unternehmen geprüft und abgesichert werden soll. In der Vergangenheit kamen (und gingen) hierzu bereits wiederholt Methoden, die aus unserer Sicht oft wenig seriös und auch wenig praxistauglich waren.
So scheiterten etwa diese Ansätze:
- 2017 behauptete Stepstone durch den Kauf des amerikanischen Psychometrie-Startups Good & Co des Thema Cultural Fit zu revolutionieren. Jetzt in 2021 kann man diesen gescheiterten Datenkraken-Ansatz kaum noch recherchieren. Siehe ein echter Verriss hierzu: https://persoblogger.de/2017/10/16/persoenlichkeitstests-im-recruiting-stepstones-psychometrie-app-good-and-co-im-praxistest/
- Der niederländische Ansatz Companymatch hat auch mit Seriösität zu kämpfen und scheint keine Lösung. Siehe den Praxistest „Absurdes Matching von Bewerbern nach Cultural Fit – Praxistest CompanyMatch“. Siehe wiederum beim PERSOBLOGGER.de Stefan Scheller:
- https://persoblogger.de/2017/11/22/absurdes-matching-von-bewerbern-nach-cultural-fit-praxistest-plattform-companymatch/
Ernsthafte Anbieter dagegen sind:
- Der Cultural Fit Evalueator von meta HR
- Der Kulturmatcher von CYQUEST GmbH
- Und auch - als jüngster Ansatz - der Kulturkompass von kununu
Aber auch diese drei seriösen Ansätze bleiben letztlich nur generalisierende und zu kurz greifende Ansätze, die nur in spezifischen Kontexten Hilfestellung geben. Die Vorab-Prüfung von Bewerbern, die über die Webseite kommen, durch einen Filter (auch als frühzeitiges Kennenlernen der Kultur des Unternehmens für Kandidaten gedacht) mag für starke Brands mit hohem Bewerberaufkommen eine Lösung sein. Sie verbessert die Außendarstellung und die grundsätzliche kulturelle Passung der eingehenden Bewerbungen, fördert aber eher nur die bessere Administration großer Bewerbermengen beim Ersteinstieg. Das stellt aber in den meisten Anwendungsfällen - alleine schon wegen des demographischen Wandels - keine sinnvolle Lösung des Cultural Fit dar. Bei der Kategorie der Professionals beispielsweise würde die ohnehin extrem geringe Zahl an Bewerbungen noch weiter reduziert werden.
Durchgängig ungenügendes Verständnis des Cultural Fit
- Unternehmen folgen einem eher veralteten, teils auch oberflächlichen Verständnis von Unternehmenskultur als einer homogenen, das Unternehmen als Gesamtes kennzeichnenden Beschreibung. Die Unternehmenskultur wird dabei außerdem als starres denn als dynamisches System verstanden. Die VORHANDENE Kultur der GESAMTEN (disparaten) Unternehmensorganisation bestimmt den Blick.
- Stattdessen ist ein dynamischer Kulturbegriff notwendig, der ein Verständnis sowohl der gegebenen als auch der gewünschten Kultur liefert, um hier die strategischen Weichen hin zur gewünschten Kultur zu stellen. Die einzelne Vakanz wird dann durch die Betrachtung sowohl der bestehenden als auch der gewünschten Kultur in der Aufgabe / dem Bereich / der Subkultur definiert. Dieses Spannungsverhältnis aus "vorhanden" und "gewünscht" ist in JEDER Position einzeln und neu auszutarieren.
- Und es MUSS Abschied genommen werden von der Vorstellung einer einheitlichen Kultur in einem Unternehmen. In den Fokus gehört nicht die übergreifende, allgemeine "Umbrella Culture", sondern die Subkulturen sind im Recruiting relevant!
- Und als letztes: Üblicherweise werden die kulturellen Spezifika des Unternehmens nicht auf die (womöglich sogar divergierenden) Subkulturen heruntergebrochen, sondern dienen nur als verallgemeinender Bewertungsfilter. Damit können sie im Recruiting auch nicht wirklich als Attraktor und „Vertriebsargument“ der einzelnen Vakanz genutzt werden.
Für alle, die es etwas genauer wissen wollen
Aktuelle Forschung zur Unternehmenskultur
Das Drei-Ebenen-Modell von Edgar Schein (1985) hat unser Verständnis von Unternehmenskultur über Jahre geprägt. Eine zentrale Annahme war die Existenz einer einheitlichen Kultur in einem Unternehmen. Später ist Edgar Schein davon selbst abgerückt und sprach lieber von „Umbrella Culture“ und darunterliegenden Subkulturen.
Aktuellere Forschungen (z.B. Sonja Sackmann) postulieren eine Mehrzahl von Subkulturen in Unternehmen und, dass voneinander unabhängige Geschäftsbereiche keine einheitliche Kultur benötigen und sich sogar kulturell konträr zueinander verhalten können.
Ergebnis:
Eine das Gesamtunternehmen in den Blick nehmende Kulturanalyse beschreibt eben nur unzureichend oder sogar irreführend das kulturelle Umfeld einer speziellen Vakanz. Umso niedriger die Vakanz, desto eher ist die Kultur um die Position selbst von Belang. Umso höher die Position angesiedelt ist, desto mehr ist die Bereichs- oder Standortskultur oder im Top-Management eben die Umbrella Culture selbst relevant.
Dynamischer statt starrer Kulturbegriff
Als „Cultural Fit“ wird schon seit längerem in der Forschung die kulturelle Passung zur Umsetzung der Unternehmensstrategie definiert. Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt das Modell „Person-Organization Fit“. Die zentrale These ist hier, dass der Supplementary Fit die Nähe zu vorhandenen Werten und Normen beschreibt und der Complementary Fit die notwendige Ergänzung der Organisation durch hinzukommende neue, spezifische Fähigkeiten, Skills und auch Werte der Person.
Ergebnis:
Um Vakanzen passend zur Unternehmensstrategie zu besetzen, müssen bei allen Positionen Complementary-Fit und Supplementary-Fit in ihrer Gewichtung individuell austariert werden.
Valuesimpact - ein digital/analoges Werkzeug für den Cultural Fit
https://www.valuesimpact.de/de/p/startseite
Unser eigener webbasierter digitaler Ansatz "Valuesimpact" ermöglicht pro Vakanz genau dieses individuelle Austarieren von Complementary-Fit und Supplementary-Fit. Denn Valuesimpact macht sowohl die bestehende als auch die gewünschte Unternehmens-/Teamkultur sichtbar und auch pragmatisch besprechbar sowie damit für die wichtigsten Stakeholder – das Business und die Kandidaten – greifbar und besprechbar.
Candidate Experience
Valuesimpact löst mehrere im Recruiting in der Regel vorliegende Probleme:
- Fachentscheider sind sich oft wenig über die bestehende und die gewünschte Kultur ihres Verantwortungsbereichs im Klaren
- die Unternehmens-/Teamkultur wird nicht zur aktiven Ansprache und Gewinnung von Kandidaten genutzt
- Im Vorstellungsgespräch gelingt es Unternehmen allenfalls mühsam, die Themen "Unternehmenskultur" und "Werte" anzusprechen
- Es gelingt mit Kandidaten nur sehr schwer einen Austausch auf Augenhöhe zu etablieren
Nutzen des Einsatzes von Valuesimpact im Recruiting
Valuesimpact unterstützt die kulturellen Aspekte einer individuellen Besetzung. Die zuständigen HR-Business-Partner gehen gleichsam natürlich in die Rolle des Beraters des jeweiligen Hiring Managers und dienen als Reflexionspartner für die kulturelle Entwicklung des konkreten Verantwortungsbereiches.
Bei Professionals:
Die sich aus der Entwicklung von aktueller zu gewünschter Team-/Unternehmenskultur ergebenden Aufgaben stellen bei Professionals wichtige kulturelle Wechselgründe dar. Durch Valuesimpact kann HR die für einen Wechsel sprechenden Argumente präziser fassen, das Business wird für die Entscheidungskriterien der Kandidaten sensibler und der Einstieg (und womöglich nur Sidestep) von Professionals kann so angestoßen werden.
Bei Führungskräften:
Bei Führungskräften liegt die Auswahlentscheidung beim Unternehmen. Diese werden immer eine Auswahl treffen können. Die Qualität der Bewerber auf die Führungsaufgabe wird in Zukunft stärker differieren. Um hier die besten Kandidaten wirklich zu sich ziehen zu können, sind weit über die Aufgabe hinausreichende Argumente nötig. Unternehmen sollten deshalb erheblichen Wert auf die positionsspezifische kulturelle Passung legen. Ansonsten drohen negative Effekte auf Performance und Unternehmenskultur.
Das aber setzt das ausführliche Gespräch über die Unternehmenskultur und die zugrundeliegenden Werte zwischen Business und Kandidaten voraus und wie sie sich in der einzelnen Vakanz spezifisch darstellen!
J. Terhalle (02.2021)
Sie wollen mehr wissen? Klicken Sie hier!