Glaubt man der Statistik so werden in den nächsten 10 Jahren dem Arbeitsmarkt etwa 6,5 Millionen Personen verlorengehen. Die geburtenreichen Jahrgänge der Baby-Boomer gehen nach und nach in Rente. Die darauffolgenden Jahrgänge können das nicht komplett auffangen. Das vielbemühte Schlagwort Fachkräftemangel schleicht wie der Wolf ums Dorf. Vielerlei Überlegungen werden getroffen, wie man dem entgegenwirken kann. Mancherorts ist er schon angekommen, der Fachkräftemangel. Sei es in den Pflegeberufen oder auch und gerade in strukturschwachen Regionen. Da liegt die größte Hoffnung natürlich in den nachwachsenden Generationen. Sollte sie zumindest. Doch medial lässt sich eher ein Unken vernehmen. Nicht nur, dass auf Grund geburtenschwacher Jahrgänge nicht so viele junge Arbeitskräfte nachkommen. Nein, es wird auch noch behauptet die so genannte Generation Y steht überhaupt nicht auf Karriere. Verantwortung übernehmen, so der O-Ton vieler Publikationen, ist nicht ihr Ding. „Die wollen sich lieber selbst verwirklichen.“ Die Arbeit an sich soll dann aber so flexibel wie möglich sein. Am besten Homeoffice oder gleich per Fern-Schalte, Hangouts und Skype machens möglich, zugeschaltet aus irgendeiner angesagten Metropole. „Denn wenn sie arbeiten, dann wollen sie gleich die Welt verändern“, so Professor Konstantin Korotov von der European School of Management and Technology in Berlin im FAZ.net - Artikel Generation Weichei von Bettina Weiguny.
Also haben doch auch ambitionierte Ziele wie ihre Großeltern und Eltern zu Zeiten von Generation X und der Babyboomer, nur sehen die heute halt anders aus. Damals gab es einen Aufschwung in Deutschland. Das Land musste nach dem Krieg wieder aufgebaut werden. Das Schlagwort war Wachstum. Die technische Entwicklung rast bis in die Gegenwart und legt - getrieben von der Globalisierung - immer weiter an Fahrt zu.
Die Studentin Tina Egolf meint in Die Generation Y - Plädoyer einer Unruhestifterin „Die Generation Y lebt zwischen Zweifel und Hybris, Tatendrang und Selbstausbeutung, Bewunderung und Kritik, Kreativität und Klischee und das mit einer Selbstverständlichkeit, die kein Hadern kennt mit den Technologien, dem Internet und den Innovationen, die unsere Welt schneller und fundamentaler verändern, als es manch einer wahrhaben will.“
Wir wollten es etwas genauer wissen. Wollten uns ein „eigenes“ Bild machen. Seit einiger Zeit, genauer gesagt seit dem Jahr 2013 begleiten wir einen Abiturientenjahrgang der in Darmstadt ansässigen Edith Stein-Schule. Regelmäßig stellen wir Fragen. Wollen wissen, wie es den ehemaligen Schülern geht und wie sie sich beruflich entwickeln.
Bei der letzten Umfrage stand das Thema Berusfsorientierung besonders im Fokus. Dabei reihen wir uns gerne in die Blogparade von Jo Diercks ein, der das Jahr 2014 zum Jahr der Berufsorientierung ausgerufen hat: Machen wir das Jahr 2014 zum Jahr der Berufsorientierung! Aufruf zur Blogparade...
Wir wollten wissen wie zufrieden sie mit den Angeboten von Schule und externen Institutionen waren, welche Rolle Eltern und Freunde gespielt haben und ob sie Ihre Entscheidung jetzt vielleicht schon revidieren müssen.
Denn eine Fehlentscheidung in der Berufswahl ist volkswirtschaftlich und persönlich teuer. Nicht nur, dass es den Eintritt in das Berufsleben verzögert und mit längeren, kostenintensiveren Studienzeiten zu rechnen ist, sondern auch weil die Motivation sinkt und die Wahrscheinlichkeit überhaupt noch zu einem Studienabschluss zu gelangen unwahrscheinlicher wird. Aber natürlich gilt: Lieber ein rechtzeitiger Abbruch einer falschen Entscheidung, als zwanghaftes Arrangieren mit dem (späteren) Job.
An der Umfrage haben 108 ehemalige Schüler teilgenommen. Sie haben im Frühjahr 2013 Abitur gemacht und sind zum Zeitpunkt der Befragung jetzt seit ca. einem Jahr auf der freien Wildbahn. Ein Großteil des Jahrgangs befindet sich derzeit im Studium (52%). Die zweitgrößte Gruppe engagiert sich im Bundesfreiwilligendienst 28%.
Für viele waren Beruforientierungsmessen, die Eltern, die Schule und das Internet am hilfsreichsten für die Berufsorientierung. Für uns überraschend bei der Frage, welche Informationsquellen am hilfreichsten für die Berufsorientierung waren: Der hohe Anteil von Online Psychotests. Fast 35% nutzten nach eigenen Angaben diese um sich über die Berufswahl zu orientieren. Von 78% der Befragten wurde das Internet am häufigsten zur Orientierung hinzugezogen.
Wir haben auch gefragt, was die ehemaligen Schüler und jetzigen Abiturienten am ehesten zur Berufsorientierung empfehlen würden. Sie empfehlen vor allem Berufsinformationsmessen, das Internet und Praktika.
Die von uns befragten Schüler haben sich mehrheitlich sehr ausführlich zu ihrer Berufswahl über vielfältige Quellen informiert. Die Zahl der Befragten, die Ihre Meinung bereits revidieren müssen ist noch gering. Spannend bleibt wie sich diese Zahl im Laufe der Zeit entwickelt. Spannend ist auch wie sich Motivation und Arbeitseinstellung der jungen Leute entwickeln, wenn sie auf den Arbeitsmarkt und gesellschaftliche Bedingungen treffen.
Wie bereits erwähnt informieren sich die heutigen Abiturienten stark über das Internet zu ihrer Berufswahl. Dabei spielen die sozialen Netzwerke bei der Berufswahl eine eher untergeordnete Rolle. Das mag zum einen daran liegen, dass die sehr jungen Leute die Netzwerke fast ausschließlich für private Zwecke nutzen oder zum anderen auch daran, dass Angebote in den sozialen Netzwerken, die der Recruitierung von Mitarbeitern dienen, nicht auf die ganz junge Generation zugeschnitten sind oder diese zumindest nicht gut erreichen.
Mittlerweile hat Dr. Terhalle & Nagel das Konzept ausgebaut: Dieses Jahr befragen wir vier Darmstädter Schulen mit insgesamt über 500 Jugendlichen. Zusätzlich interessieren wir uns auch für deren Eltern. Dabei möchten wir wissen, welchen Einfluss die Eltern auf die Kinder vermeintlich bzw. tatsächlich haben. Über die Ergebnisse werden wir wieder berichten.