„Das haben wir schon immer so gemacht!“
Diese Blockadehaltung gegenüber Veränderung kannten Sie aus der Vergangenheit zur Genüge. Dem gefürchteten Satz wurde im vergangenen Corona-Jahr die Grundlage entzogen. In Ihrem Unternehmen wird ihn jetzt und auch in Zukunft niemand mehr ernsthaft aussprechen können, ohne sich nicht selbst damit sofort ins Aus zu stellen. Wir nehmen in diesem erstaunlichen Mindshift gesamter Unternehmenskulturen einen von Corona geschenkten Evolutionssprung vieler Unternehmen wahr. Und genauso erleben es derzeit auch viele Geschäftsleitungen, wie wir es aus vielen Gesprächen erfahren haben.
Um es gleich vorneweg zu sagen: Wir glauben, dass sich derzeit drastische Veränderungen in der Gesellschaft und in den Unternehmen vollziehen, die dauerhaft sein werden. Das haben wir in einem ähnlichen Beitrag schon im Juni 2020 behauptet. Und darauf hat sich jede Unternehmensführung einzustellen. (Lesezeit: 5 min.)
Feedback aus Gesprächen mit Entscheider:innen
Aus vielen Gesprächen mit Entscheider:innen der letzten Monate wurde deutlich, dass für manche Unternehmen die Situation eine existentielle Bedrohung darstellt. Aber die Mehrzahl der Unternehmen hat große Schritte nach vorne gemacht und sich bereits jetzt strategisch neu aufgestellt, mit reduzierten Kosten und größerer Agilität! Corona hat nur mehrere Krisen zu einer heftigen Bewusstwerdung zusammengezogen. Rückmeldungen sind z.B.:
- Betriebsräte seien offen wie nie
- im ausländischen Headquarter blicke man mit Erstaunen auf die große deutsche Tochter und deren nicht erwartete dynamische und nachhaltige Veränderungen
- das Unternehmen habe in wenigen Wochen einen so großen Sprung nach vorne vollzogen, dass die mittelfristigen Strategieziele nun revidiert würden
Corona ist nicht nur ein „Booster“ für Digitalisierung und Home-Office. Es ist auch ein Booster für vieles andere, womöglich sogar für gravierendere Themen, die Einstellungen, Wirklichkeitskonstruktionen und tiefsitzende Glaubenssätze betreffen.
Corona hat alle zur Entschleunigung gezwungen. Damit ging – unseren Gesprächen folgend – auch eine tiefergehende Reflexion einher. Das „Warum“ und das „Miteinander“ werden wichtiger. Was benötigen wir mehr: die Verfügbarkeit von vielem, vom Materiellen bis zur Fernreise, oder die physische Nähe zu Menschen, diese in den Arm nehmen, berühren zu können? Der Begriff des Purpose steht in Unternehmen nun oben an. Gut wer einen klaren und eindeutigen hat, oder sich darüber bereits im Vorfeld intensive Gedanken gemacht hat:
Corona als Zeitmaschine
Unsere Gespräche ergaben, dass schon im Herbst bei den ersten Unternehmen das Gefühl aufkam, die gerade erst vergangene „VOR Corona-Kultur“ wirke „wie historisch“, wie aus einer anderen Zeit, „wie aus einem vergangenen Jahrhundert“.
Auf unsere kesse Frage an das Management „Wären Sie bereit, alles aufzugeben, was jetzt ist, um zu 100 % in die Zeit vor Corona zurückzukehren?“ erhalten wir - öfters als erwartet - nach kurzem Zögern ein klares „NEIN, AUF KEINEN FALL“. Die Krise offenbart als Katalysator in sich eben die Chance, die Themen anzugehen, die wirklich nötig waren, wo der Mut fehlte, oder die verschleppt wurden.
Bezeichnend auch ist die drastische Zunahme an verdeckten Searches, mit denen wir seit dem Sommer 2020 beauftragt sind. Forschen wir hier tiefer nach den Gründen der jetzt angegangenen Trennungen, erschrecken wir fast über die Deutlichkeit des Mismatch.
Ihre Unternehmenskultur „VOR Corona“ und „JETZT“
Es lohnt sich mit Hilfe eines strukturierten, methodischen Vorgehens die Kultur VOR Corona und die Kultur JETZT zu analysieren und dann beides miteinander zu vergleichen.
- Welche Werte, Eigenschaften und Verhaltensweisen sind verloren worden?
- Welchen davon trauern wir nach, welchen jedoch keinesfalls?
- Was ist neu dazugekommen?
- Wollen wir das Neue wieder loswerden? Oder wollen wir Neues auch halten und dauerhaft in der Unternehmenskultur verankern?
- Und was bedeutet das für unser Leadership? Sind wir passend aufgestellt?
Das Momentum
Der Blick auf den Unterschied zwischen der Kultur VOR Corona und der sich JETZT eingestellten neuen Kultur birgt Überraschungen. In den Analysen der Unternehmenskultur von Unternehmen „VOR“ und „JETZT“ wiederholte sich dies häufig. Das MOMENTUM war gelegentlich nur ein kleineres Pflänzchen, das sich noch behaupten musste. In der Mehrzahl der Fälle jedoch offenbart es erhebliche und zum Teil sogar machtvolle Kraft. Das reicht bis zu Aussagen wie: „Corona hat uns befördert, beflügelt.“
Das Momentum und Ihr Business Case
In welchem Verhältnis steht die Kultur JETZT zu einer „gewünschten Unternehmenskultur“ des Unternehmens? Ist die Kultur JETZT auf dem Weg dorthin eine kleinere oder größere Etappe, ein Umweg oder eine Abkürzung? Oder läuft das Momentum auf eine partiell andere - eventuell sogar divergierende - Unternehmenskultur hinaus, als sie bislang angestrebt und definiert war? Haben Sie hier Sicherheit?
Und wie verhält sich Ihr Business Case zu dem neuen Momentum? Kann dieses als Transmissionsriemen genutzt werden zur rascheren Umsetzung?
Oder ist es nicht sogar gefährlich den „alten“ Business Case unreflektiert fortzuschreiben und das Momentum dann womöglich für die „falschen“ Ziele zu nutzen und es unternehmerisch damit verpuffen zu lassen? Benötigen Sie eine bestimmte Wunschkultur für einen bestimmten zukünftigen Business Case? Kennen Sie dessen Parameter, können Sie den Case präzise beschreiben? Oder ist es stattdessen das primäre Ziel, eine Unternehmenskultur zu etablieren, die hohe Adaptionsfähigkeit und Variabilität für das auszeichnet, was unternehmerisch nötig sein wird?
Die NEUE Führung
Das neue Leadership wird kreativ und menschlich sein. Es wird den Mitarbeitenden die Sinnhaftigkeit ihres Tuns vermitteln. In technischen Unternehmen werden dann in der Führungskraft Ingenieurskunst UND Menschenverständnis vereint sein. Die alte Führung setzte auf die Schubkraft, die eine Führungs“kraft“ aufbrachte.
Die neue Führung ist bescheiden. Sie ist nicht allwissend oder vordenkend. Sie setzt statt auf Schubkraft vielmehr auf die Zugkraft eines Sinns. Sie lebt den Glauben an den Zweck für das große Ganze vor. Das Leitbild des CEOs wird sich vom traditionellen Überlegenheitsanspruch entfernen müssen und wird vom dominanten zum dienenden CEO mutieren. Management wird keine Leistungsgemeinschaft mehr sein, sondern wandelt sich hin zu einer Lerngemeinschaft. Die persönliche Perspektive geht auf in einer kooperativen Denk- und Verhaltensweise.
Unser Fazit
Das, was aktuell geschehen ist und noch weiter sich vollzieht, erscheint uns eine erstaunliche Zäsur und die Möglichkeit eines wichtigen evolutionären Schrittes für zukunftsgerichtete Unternehmen zu sein. Gehen Sie es an - lassen Sie es uns alle gemeinsam angehen!
P.S.: Kulturanalyse in der Krise
2018 gewann Dr. Terhalle & Nagel den Innovations-AWARD für unser digital-analoges Recruitingtool Valuesimpact. Aktuell nutzen wir das Tool zur Analyse und Beschreibung der Unternehmenskultur VOR Corona und der Kultur JETZT im jeweiligen Unternehmen. Die Ergebnisse sind präzise und erstaunlich, ein CEO meinte „… spannend und erschreckend, wie stark und eindeutig man es visuell darstellen kann“.
In einem nächsten Schritt daran anschließend werden dann die konkreten strategischen stellenbezogenen und organisationalen Maßnahmen identifiziert, um die gewünschte Kultur des Unternehmens zu erreichen.
Sprechen Sie mich an, ich diskutiere das gerne mit Ihnen.
Dr. Johannes Terhalle